Worum geht's?
Hunde- und Katzenbesitzer:innen fürchten sich vor Magen-Darm-Symptomen bei ihren Tieren. Absolut nachvollziehbar, denn es gibt wenige Dinge, die belastender sind, als ein Haustier mit ständig wiederkehrendem Durchfall oder Erbrechen. Daher freut es die breite Masse sehr, wenn ein Schuldiger für diese Symptome gefunden wird, gegen den konkret vorgegangen werden kann. Man wünscht sich ein Feindbild, das bekämpft werden kann. In vielen Fällen werden Giardien in diese Rolle gesteckt, weshalb sie breitflächig gefürchtet werden und in aller Munde sind. Aber was ist dran an der großen Panik vor Giardien?
Was sind Giardien?
Giardien sind parasitäre Einzeller, die omnipräsent sind, also quasi überall vorkommen. Genau da liegt das große Problem: Sie sind ÜBERALL vorhanden. Freigänger-Katzen und Hunde, die regelmäßig die eigenen vier Wände verlassen, werden wohl oder übel irgendwann mit Giardien in Kontakt kommen. Die Zysten der kleinen Parasiten befinden sich im Kot und werden oral aufgenommen. Die Übertragung kann auch noch nach Monaten erfolgen, da sich die Zysten in der Umwelt lange halten.
Welche Krankheit geht mit Giardien einher?
Eine Giardiose (so wird das Krankheitsbild bezeichnet) kann zu wässrigem bis schleimigem Durchfall führen. In der Regel sind die Symptome lästig, aber nicht ernsthaft bedrohlich. Die große Mehrheit der Tiere bildet gar keine Symptome aus. Dies ist einerseits unpraktisch, da diese Tiere symptomfreie Ausscheider darstellen und Giardien in der Umwelt verteilen. Andererseits ist es jedoch für das entsprechende Tier erfreulich, symptomfrei zu sein und zeigt, dass Giardien per se nicht unbedingt dramatisch sein müssen.
Diagnose und Frage nach Behandlung
Die Diagnose erfolgt mittels Kotuntersuchung. Eine positive Kotuntersuchung, also der Nachweis von Giardien-Oozysten muss jedoch nicht zwangsläufig zu einer Therapie führen! Da Giardien sowieso „überall“ sind und es absolut illusorisch wäre, diese aus der Umwelt eradikadieren zu wollen, geht man inzwischen davon weg, symptomlose Trägertiere zu therapieren. Ausnahmen stellen geschlossene Tierbestände dar, bei denen verhindert werden soll, dass sich der gesamte Bestand und alle neu hinzukommenden Tiere immer wieder anstecken. Während Giardien bei Tieren mit einem gesunden Magen-Darm-Trakt in der Regel kaum bis keine Symptome verursachen, sind immungeschwächte oder Tiere mit Magen-Darm-Vorerkrankungen eher gefährdet.
Tiere mit Symptomen sollten therapiert werden. Nach abgeschlossener Therapie empfiehlt sich zudem eine Nachkontrolle mittels Kotuntersuchung in einem Zeitfenster von ca. 5 Tagen nach Therapie-Ende. Wenn die Symptome bestehen bleiben, der Giardien-Test aber negativ ist, kann davon ausgegangen, dass ein weiteres Problem besteht: eine chronische Darmentzündung (z. B. durch Futtermittelunverträglichkeit /-allergie, Veränderungen im Mikrobiom o.ä.). Dies ist häufig der Fall, da Giardien meist eher bei einem vorgeschädigten Darm zu Symptomen führen. Sie sind in vielen Fällen eher die Spitze des Eisbergs als das eigentliche Problem!
Wie behandelt man?
Da Giardien sich in der Umgebung sehr lange und zäh halten können, empfiehlt sich neben der Therapie des Tieres auch immer eine gründliche Desinfektion der Umgebung. Empfohlen wird auch eine Waschung der mit Kot in Kontakt gekommenen Körperbereiche des Tieres mit Chlorhexidin. Genauere Informationen zum Desinfektionsplan gibt es bei der ESCCAP. Um Giardien im Tier zu eliminieren, empfiehlt sich die Gabe einer dafür zugelassenen Wurmkur. In der Regel kommt der Wirkstoff Fenbendazol zum Einsatz. Dieser sollte über 5-10 Tage hinweg verabreicht werden.
Tatsächlich lässt sich nicht immer eine Parasiten-Freiheit (Kaufmann et al., 2022) durch die Therapie erreichen, sodass gelegentlich mehrere Zyklen der Therapie nötig werden können. Die Symptome werden jedoch bei vielen Patienten bereits durch eine Verminderung der Giardien-Zahl besser. Zudem wird ein gesunder Darm Giardien auch in der Regel langfristig von selbst los. All dies unterstreicht, dass es wenig Sinn macht, symptomlose Patienten zu therapieren. Es ist nicht klar, ob es sich bei der ausbleibenden Parasiten-Freiheit durch Therapie um eine echte Resistenz gegenüber dem Medikament handelt (dies wird von vielen Expert:innen eher angezweifelt), oder um Reinfektionen, also erneute Infektionen wegen einer mangelhaften Desinfektion und / oder symptomfreien Ausscheidern in der Umgebung.
Fenbendazol vs. Metronidazol
Metronidazol ist ein Antibiotikum, das zur Therapie der Giardiose ebenfalls zugelassen ist und häufig eingesetzt wird. Eine Vergleichsstudie zwischen Fenbendazol und dem Antibiotikum Metronidazol (Ciuca et al., 2021) konnte keine signifikanten Unterschiede in der Wirksamkeit zwischen Metronidazol und Fenbendazol nachweisen. In Zeiten der Antibiotikaresistenzen sollte jedoch unbedingt auf den Einsatz eines Antibiotikums verzichtet werden, wo es nur geht. Zudem birgt Metro die Gefahr neurologischer Nebenwirkungen, selbst bei normaler Dosierung. Das schwerwiegendste Problem bei der Anwendung von Metronidazol gegen Giardien ist jedoch der nachhaltige negative Effekt, den der Wirkstoff auf das Darm-Mikrobiom, also die wichtigen Darmbakterien, hat. Eine Studie konnte zeigen, dass die Anwendung des Wirkstoffs bei gesunden Tieren das mikrobielle Ökosystem im Darm langfristig beschädigt. Dies kann schwerwiegende Folgen für die Magen-Darm-Gesundheit des Tieres haben und sollte unbedingt vermieden werden.
Zusammenfassung
- Giardien sind überall.
- Sie führen bei vielen Tieren zu keinerlei Symptomen.
- Aufgrund zahlreicher Ausscheider und extremer Haltbarkeit in der Umwelt, wird man es nicht schaffen, das Infektionsrisiko signifikant zu senken.
- Eine symptomlose Giardien-Infektion sollte nicht therapiert werden. Ausnahme: Geschlossener Tierbestand, bei dem ein konsequentes Desinfektions-Regime möglich ist.
- Giardien stellen bei anderen Magen-Darm-Erkrankungen häufig ein Zusatz-Problem dar, welches dann auch therapiert werden sollte.
- Eine Erregerfreiheit ist nicht immer unmittelbar nach Therapie zu erreichen.
- Der Einsatz des Wirkstoffs Metronidazol gegen Giardien sollte kritisch hinterfragt und breitflächig eingedämmt werden.
- Ein gesunder Magen-Darm-Trakt schafft es oft alleine, mit Giardien klarzukommen.
- Bei rezidivierenden Problemen mit Giardien, sollte die gesamte Magen-Darm-Gesundheit optimiert werden (Fütterung optimieren, Mikrobiom stärken, andere Grunderkrankungen abklären).
Kohlenhydrat-arme Fütterung
Die Information, eine kohlenhydrat-arme Fütterung helfe gegen Giardien, geistert weiterhin in Internet, Medien und Köpfen herum. Hierfür fehlt jedoch jegliche Evidenz. Es gibt keine Studien, die diese These belegen. Was sich jedoch auf jeden Fall empfiehlt, ist die individuelle Optimierung der Fütterung bei entsprechenden Patienten. Eine Ernährungsberatung durch eine Expertin ist daher unbedingt zu empfehlen.
Fazit
Giardien können nervig und hartnäckig sein. Wirklich bedrohlich sind sie jedoch selten. Die Optimierung der allgemeinen Magen-Darm-Gesundheit steht bei Giardien-geplagten Patienten an oberster Stelle! Wenn dich das Thema weiter interessiert, empfehlen wir das Modul zu chronischen Magen-Darm-Erkrankungen.

Hi, habe direkt Tränen in den Augen. Unser Hund hatte mit 4Monaten das erste Mal Giardien, er bekam direkt Metronidazol, die Beschwerden gingen nicht weg, er bekam mehrere Zyklen, wurde schlimmer bis wir irgendwann die Praxis gewechselt haben. Seitdem hat er Darmprobleme und noch 2x Giardien gehabt, die von Mal zu Mal schneller weggingen (mit Fenbendazol!). Ich ärgere mich, weil ich alles nicht schon eher hinterfragt habe, ich bin Hautärztin für Menschen und kannte Meteonidazol, u..a auch für Giardien und dachte mir nichts dabei. Seit 2 Jahren hatte er nichts mehr und mit der aktuellen Fütterung geht es gut. Wenn er irgendwelche Verdauungssachen hat bin ich immer noch sofort sehr in Sorge, aber werde langsam entspannter. 😊
Vielen Dank für den Kommentar!
Das klingt nach einer Menge Stress für euch – super, dass ihr inzwischen wohl euren Weg gefunden habt! Gerade bei Magen-Darm-Patienten ist das ja alles andere als einfach.
Die Daumen sind feste gedrückt, dass alles schön stabil bleibt :-).
Vielen Dank für die aufschlussreiche Info, da ich die beste Tierärztin habe die ich jemals bekommen kann ,bin ich guter dinge und vertraue ihr blind
Vielen Dank fr doktor Susanne hofstetter
Die evi